Gerichtsurteil: Selbstständiger Softwareentwickler muss Gewerbe anmelden

Über die Defintion der Freiberuflichkeit von Softwareentwicklern gab es ja schon hitzige Diskussionen.

Nun hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Feuer wieder entfacht und ein Urteil über einen Softwareentwickler gefällt, dessen Begründung mich echt zum Grübeln bringt.

Hintergründe

Die Geschichte fing damit an, dass ein selbständiger Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) umgezogen ist. Daraufhin wurde er aufgefordert für seine Selbständigkeit, die er mit „Softwareentwicklung (Schwerpunkt Internet), Datenbanken und Multimedia“ beschreibt, ein Gewerbe anzumelden.

Das hat dieser nicht eingesehen, weil er sich bisher als Freiberufler sah und ist deshalb vor Gericht gezogen. Nachdem er beim Verwaltungsgericht gescheitert war, bestätigte am 18. Mai 2012 auch das anschließende Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Urteil, er müsse ein Gewerbe anmelden.

Begründet wurde dies damit, dass seine Tätigkeit nicht die allgemeinen Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen würden. So würde es an einer hinreichenden Eigenverantwortlichkeit mangeln und es fehle an fachlicher Unabhängigkeit sowie einen Gemeinwohlbezug.

Außerdem, so hieß es in der Urteilsbegründung, „ist für die Tätigkeit des Klägers objektiv kein Hochschulabschluss erforderlich“, so das Gericht.

Neben dieser Urteilsbegründung finde ich sehr verwirrend, dass der Kläger sogar vom Finanzamt als Freiberufler anerkannt wurde und damit keine Gewerbesteuer zahlen muss, er aber trotzdem nun ein Gewerbe an zu melden hat, was ggf.  zur Folge hat, dass Betragszahlungen für die IHK fällig werden. Das verseh ein anderer…

Was bedeutet dieses Urteil?

Natürlich bin ich kein Jurist und kann auch nicht wirklich herauslesen was zwischen den Urteilszeilen steht. Aber so wie ich das verstehe, geht es hier um eine Einzelfallentscheidung, kein grundsätzliches Urteil, welches für alle Softwareentwickler generell zutrifft.

In dem Urteil wird nämlich immer nur von „der Tätigkeit des Klägers“ gesprochen und fast jeder selbständige Softwareentwickler führt im Detail unterschiedliche Tätigkeiten durch. Wer beispielsweise Unternehmenssoftware auftragsbezogen entwickelt und davor aber erst einmal im Unternehmen analytisch die Prozesse untersucht, wird sicher vom Gericht ganz anders beurteil, als ein Webentwickler. Dazu findet man aber leider nichts in dem Urteil.

Unterstreichen kann man diese Interpretation übrigens mit drei bayrische Gerichtsurteilen, die sich mit der Entwicklung von anspruchsvoller Software durch Diplom-Informatikern beschäftigt haben und diese eben doch als freiberufliche Tätigkeit anerkannt haben.

Zählt man dies alles zusammen, bleibt es wohl (hoffentlich) dabei: Wer in der Softwareentwicklung selbständig tätig ist, muss sich genauestens informieren, ob seine Tätigkeit freiberuflich ist oder nicht. Ich würde im Zweifel lieber immer ein Gewerbe anmelden, aber das ist meine persönliche Meinung. Und was ist mit euch?

Comments
  1. Steve
  2. Kevin
  3. Andreas Knauf
  4. Kevin