Wird Open Source überschätzt?
Gestern hab ich einen kritischen Artikel über Open Source Software gelesen, der mich zum Nachdenken gebracht hat.
Nicolas Zeitler, Unternehmensberater und Autor des Artikels, ist der Meinung, dass Open Source Software häufig unausgereift ist und auch überschätzt würde. Ist es wirklich so? – Ich nutze zwar selber Open Source Produkte, würde aber nie OS als Allheilmittel bezeichnen.
Ich bin mal den Argumenten nachgegangen und hab überlegt, ob das wirklich so ist.
Open Source nichts für Profis?
In dem Artikel wurde argumentiert, dass zwar der Anteil an eingesetzter OS-Software wachse, aber nur in Bereichen, die nicht-kritische Operationen und nur kleinere Installationen betreffen.
Hierbei fing der Autor anfangs an mit Datenbanken zu argumentieren, überführte seine Behauptung dann aber in eine allgemeine Aussage.
Natürlich ist es im Bereich von Datenbanken tatsächlich so, dass die großen und komplexen Installationen von kommerziellen Anbietern wie Oracle und vielleicht noch Microsoft SQL Server dominiert werden. Denn schließlich bieten tatsächlich nur diese auch die notwendigen Funktionen an, die man dort benötigt.
So gibt es viele Nischenthemen, die kommerzielle Softwareanbieter für sich entdeckt haben, in denen es keine Open Soure Alternativen gibt.
Aber schaut man in andere Bereiche, so merkt man doch schnell, dass diese Behauptung bei Weitem nicht immer zutrifft. Man denke nur an die vielen Linux-Installationen. Denn wie häufig werden Linux-Betriebssysteme für Server eingesetzt, was bei Leibe kein unkritischer Einsatz ist. Oder auch das IT-Administrator-Tool Nagios ist ein gutes Beispiel dafür, dass Open Source auch in wichtigen bzw. kritischen Bereichen eingesetzt wird.
Zudem kommen noch etliche weitere Softwareprodukte wie Eclipse, Joomla, OpenOffice, Apache, Mono und viele mehr, die vielleicht nicht in kritschen Bereichen eingesetzt werden, aber mit kostenpflichtigen Produkten mithalten können.
Community statt Support?
Ein weiterer Schwachpunkt von OS sei der Community-Gedanke. „Natürlich ist die Community eine Super-Idee. Wenn Ihnen aber mitten in der Nacht ein Server abschmiert, können Sie nicht darauf hoffen, dass Ihnen jemand auf die Schnelle online hilft.“
Auf die Communities bezogen hat er sicher recht. Nicht immer kann der richtige gerade zufällig am PC sitzen und die Fragen beantworten. Aber wenn Software in kritischen Gebieten eingesetzt werden kann, wird es auch IT-Dienstleister geben, die diesen Unternehmen professionellen Support anbieten, genauso wie bei proprietären Anwendungen, also kostenpflichtigen Produkten.
Nur weil die Software kostenlos ist, muss ja nicht alles andere auch umsonst sein. Und das bringt mich zu dem letzten Punkt.
Ist Open Source gar nicht umsonst?
Mit viel Trommelwirbel stellt der Autor dann am Ende seines Artikels noch fest, dass auch Open Source Software Geld kostet. Auch wenn der Kunde das Geld für Lizenzen spart, so würden doch immer noch Kosten für Personal und eben auch für Support anfallen. Lediglich eine Ersparnis von ca. 20-30% würden am Ende noch übrig bleiben.
Als erstes möchte ich sagen, dass eine Ersparnis von 30% immer noch ein großer Batzen Geld ist, wenn man betrachtet, was Unternehmens-IT mittlerweile kostet.
Außerdem habe ich bereits oben schon erwähnt, dass auch eine kostenlose Software immer noch kostenpflichtige Mitarbeiter und ggf. schnellen, professionellen Support benötigt.
Aber das scheinen wohl einige nicht zu wissen. Denn ich war doch schon sehr verblüfft, als Nicolas Zeitler darauf hinwies, dass viele Unternehmen mit Open Source Software nicht nur die Lizenzkosten, sondern auch Geld bei Support und Personal sparen wollten.
Fazit
Bevor man sich für oder gegen eine Open Source Lösung entscheidet, sollte man sich gut informieren und ggf. beraten lassen. Nicht alles was glänzt ist auch Gold. Das betrifft beide Seiten, Open Source wie auch kostenpflichtige Software.
Es gibt Bereiche, da kann es von Vorteil sein OS-Software einzusetzen, in anderen Bereichen kann es aber auch zu Schwierigkeiten führen.
Ich denke, dass es die Mischung macht und dass man sich nicht ausschließlich nur auf das Eine oder das Andere beschränken sollte.
Aber wie denkt Ihr über Open Source? Nur Open Source oder lieber gar nichts davon?
Ich nutze wenn irgend möglich Open Source Software! Ich bin aber auch ein Frickler von ganzem Herzen 😉 Sicher ist es nicht immer das gelbe vom Ei, gerade im Endanwenderbereich. Würden Benutzer aber mal konsequenterweise auch jegliche Software bezahlen anstatt nur zu kopieren, würde schlagartig die Verwendung von OS Software steigen.
Schauen wir uns den wohl populärsten Browser der Welt an… Firefox = OS, die meiste genutzte Datenbank der Welt… MySQL = OS … der meist eingesetzte Webserver … Apache = OS …
Gute OS wird immer begleitet von Unternehmen die diese für sich und beim Kunden einsetzen, Supportverträge bieten etc.
Das Datenbankargument ist Käse. Viele Anbieter nutzen Oracle aus 2 Gründen: Drittsoftware setzt es voraus oder sie wollen eben professionellen Support.
Ich biete 2 Gegenargument: Google & Facebook
Die 2 größten „Webseiten“ der Welt (inklusive einer gigantischen Infrastruktur) basieren zum größten Teil auf Open Source Software ud nutzen NICHT Oracle.
Wer mit OS nur sparen will hat etwas nicht verstanden. Ich würde sagen der Umstieg von XP mit MS Office auf Ubunutu / OpenOffice wird von nahezu 100% der Belegschaft mit (zumindest anfänglich) sinkender Produktivität belohnt 😉
Hallo Kevin,
für Frickler ist Open Source immer eine feine Sache 😉
Mit der sinkenden Produktivität hast Du absolut recht. Im Grunde passiert dieses ja immer, wenn ein System gewechselt wird. Da frag ich mich natürlich, warum einige der Meinung sind, dass dies bei OS nicht passieren soll 😉
Gruß Carsten