Zensur-Debatte: Hat Facebook ein Hausrecht zum willkürlichen Löschen von Beiträgen?
Eben hab ich auf BasicThinking einen interessanten Artikel zum Thema „Zensur auf Facebook“ gelesen.
Allerdings bin ich mit dem, was da geschrieben wurde, nicht wirklich einverstanden. Im folgenden möchte ich auch sagen warum.
Facebook löscht Kirchen-kritische Beiträge
In diesem besagten Artikel geht es um zwei Kirchen-bezogene Posts des 1Live-Moderators Jürgen Domian, die er auf Facebook veröffentlicht hatte.
Einer behandelte kritisch den Auftritt des erzkonservativen Katholiken Martin Lohmann bei Günther Jauch, der andere ging um die Papst-Wahl.
Warum auch immer wurden diese Posts vom Netzwerk gelöscht und die Debatte um Zensur auf Facebook entfacht. Es wird aber vermutet, dass sich eine Großzahl von Kirchenanhängern über die Artikel beschwert haben.
Zensur?
Christian, der BasicThinking-Autor des Artikels, sagt nun hierzu, dass es wohl weniger um Zensur als um ein voreiliges Löschen seitens Facebook handele. Schließlich würde man hier ja nicht versuchen „ein bestimmtes Weltbild durch Unterdrückung von Alternativen zu formen, zu bestätigen oder zu stärken.“. Und genau das sehe ich etwas differenzierter.
Zwar kann ich mir auch kaum vorstellen, dass ein Mark Zuckerberg das Zensieren von kirchenbezogenen Posts will, aber die jenigen, die Facebook aufgefordert haben, die Posts zu löschen, werden dies ganz sicher vorgehabt haben.
Facebook ist ein ganz großer Meinungs-Multiplikator. Und wenn hier bestimmte Gruppen aktiv werden, um andere Gruppen oder Meinungen im Keim zu ersticken, z.B. durch das Löschen von unliebsamen Posts, dann ist das sehr wohl Zensur, auch wenn nicht unbedingt durch den Betreiber beabsichtigte.
Aber in diesem Fall wurde ganz offensichtlich das Netzwerk hierfür missbraucht.
Und genau deswegen muss ein solch großes Netzwerk besonders vorsichtig mit solchen Löschaktionen sein. Da hilft auch nicht der Verweis des BT-Bloggers auf die vielen vielen Kommentare jeden Tag und die möglicherweise vielen Beschwerden auf Facebook.
Natürlich muss auf Beschwerden reagiert werden. Aber gerade dieser schnelle Griff zum Delete-Knopf, wie BasicThinking hier salopp schreibt, ist aus meiner Sicht sehr kritisch zu betrachten.
Hausrecht?
Wo mir aber am Ende des Artikels von Christian echt die Hutschnur ging, war, als er schrieb, dass bei Facebook schließlich das „Hausrecht des Betreibers“ herrscht und damit die Löschaktion irgendwie sogar noch legitimierte.
Hallo? Was soll das denn? Das geht ja so gar nicht! Das wäre ja so, als wenn man durch willkürliche Beschwerden bei der Telekom entscheiden könnte, welche Anrufe durchgeleitet werden und welche nicht. Und wenn gewünscht, dann werden bestimmte Wörter mit Piep-Tönen übertönt.
Der Vergleich hinkt? Nur weil Facebook sein Geld mit unseren Daten und nicht durch einen monatlichen Beitrag verdient, dürfen die das?
Das sehe ich anders. Selbst bei einem kleinen Forum sähe ich dies sehr kritisch, bei einem Marktführer wie FB erstrecht. Wer eine Kommunikationsplattform betreibt, kann dies nicht mit willkürlichen Entscheidungen pflegen. Und Willkür ist dies ganz bestimmt, wenn man sieht, was sonst so auf Facebook veröffentlicht, aber nicht gesperrt wird.
Aber was haltet ihr davon? Was ist eure Meinung?
[UPDATE]Noch als kleine Ergänzung: Es geht mir hier nicht darum, ob Facebook juristisch dazu das Recht hat. Das hat das Unternehmen als Besitzer des Netzwerks natürlich. Mir geht es mehr um die ethische Sicht dieser Einflussnahme auf die Beiträge. Und ethische Prinzipien sollte jedes vernünftige Unternehmen haben, auch FB.[/UPDATE]
Die dürfen das, weil es ein privates Unternehmen und keine öffentliche Infrastruktur ist. Und das ist ein Problem. Anscheinend aber kein großes, sonst hättest Du ja keinen Facebook-Button auf Deiner Seite.
Hallo Carsten,
muss mich dem leider anschließen. FB ist ein privates Unternehmen. Die können tun und lassen was sie möchten (natürlich solange im rechtl. Rahmen) und haben diesbezüglich niemanden Rede und Antwort zu stehen. Schon garnicht wenn es darum geht was FB auf deren Seiten zeigen möchte und was nicht.
Niemand wird zu Facebook gezwungen.
Wer eine Kommunikationsplattform betreibt, kann dies nicht mit willkürlichen Entscheidungen pflegen. Ich behaupte doch. Facebook hat keine soziale Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, das ist ein Gewinnorientiertes Unternehmen und keine Wohlfahrtsgemeinschaft!
Wer seine privaten Daten kostenlos in (für) Facebook veröffentlicht ist selbst schuld.
Wie gesagt, niemand muss bei Facebook mitmachen.
Hallo Ihr beiden,
vielen Dank für eure Beiträge.
Vielleicht habe ich mein „Dürfen die das?“ etwas missverständlich ausgedrückt. Ich spreche nicht „dürfen“ im Sinne von Gesetz und Rechtsprechung, sondern im Sinne der Aufgabe, der sie sich widmen: dem Betreiben eines SOZIALEN Netzwerks zum Austauschen von Gedanken, Erfahrungen und Informationen.
Natürlich darf man als Unternehmen aus rechtlicher Sicht Einträge löschen. Aber aus ethischer Sicht sage ich NEIN, das dürfen die nicht. Denn so verliert doch der ganze Sinn des Netzwerks (s.o.) an Bedeutung.
Hey Horst, welcher Kommunikationsanbieter ist denn bitte nicht privat? Dass es hier nicht um die juristische Dimension geht, sollte jedem klar sein. Für mich stellt das unbegründete Löschen von Beiträgen eine rote Linie dar, die ein Admin einfach nicht überschreiten darf. Und wenn man Richtlinien hat, dann muss man diese auch grundsätzlich einhalten und nicht mal so und mal so entscheiden, wie es einem gerade mal gefällt…
Carsten, ich kann dich schon verstehen jedoch bleibe ich dabei, auch Facebook ist ein gewinnorientiertes Unternehmen und wird alles mögliche tun um diesen zu maximieren – notfalls eben auch Beiträge löschen um eine Mehrheit an Nutzern nicht zu „verärgern“ bzw. zu verlieren. Unterm Strich dreht sich alles nur um dieses eine Thema. … gerade in Zeiten heranwachsender G+ Konkurrenz 😉
Und während wir hier diskutieren haben sich x-tausend neue User bei Facebook registriert und den AGB zugestimmt, ethisch hin oder her … 🙂
Schöne Grüße,
Mout
@Mout: Damit hast Du ja auch vollkommen Recht. Ich sehe eben nur eine Gefahr darin, wenn sich Facebook für solche Zensuren missbrauchen lässt. Aber am Ende stimmt es natürlich, dass FB machen kann was es will (solange es mit dem Gesetz vereinbar ist).
Gruß
Carsten
@Michi: Es geht hier weniger um den Kommunikationsanbieter, sondern um die Infrastruktur. Das Internet ist z.B. Infrastruktur. Auch das Telefonnetz. Straßennetz. Du kannst Dein Telefon von verschiedenen Anbietern beziehen, aber Du bekommst das öffentliche Netz. Es gibt entsprechende Gesetze, die auch Rechte und Pflichten dafür definieren. Wir können mit unserer Wahl auch in gewisser Weise Einfluss auf diese Gesetze nehmen, den die Infrastruktur gehört uns.
Im Falle von Facebook ist es eben keine öffentliche Infrastruktur. Das ist aber nicht damit zu vergleichen, ob Du nun Dein Handy bei Telekom, Vodafone oder Eplus hast.