Kostenlose Unreal Engine 4? Das Preismodell in der Analyse
Seit gestern macht EPIC Games, der Hersteller der Unreal Engine einen riesen Wirbel, weil die Unreal Engine nun kostenlos sein soll. Kostenlos? Leider nicht wirklich. Das ist aber auch kein Wunder, schließlich ist EPIC kein Wohltätigkeitsverein und will trotzdem sein Geld verdienen.
Die neue Preisgestaltung der Unreal Engine 4
EPIC Games bietet seit gestern seine Unreal Engine kostenlos inklusive des Source Codes an (mehr auf deren Seite). Am Ende möchte EPIC lediglich einen kleinen Anteil Eurer Einnahmen abhaben, die Ihr mit den entwickelten Spielen erwirtschaftet.
Dieser Anteil beträgt 5% der Brutto-Einnahmen, die Ihr mit einem Produkt innerhalb eines Quartals erwirtschaftet. Voraussetzung hierfür ist, dass der Gesamtumsatz mindestens 3000 US-Dollar beträgt. Liegt der Produktumsatz darunter, muss nichts abgegeben werden.
Habt Ihr also ein Spiel, das 2000 US-Dollar Umsatz in einem Quartal generiert hat und eines, das 3500 US-Dollar Umsatz generiert hat, dann müsst Ihr nur auf die 3500 US-Dollar 5% zahlen – so zumindest die aktuellen Lizenz-Bedingungen.
Warum das ganze?
Der Hintergedanke ist recht klar: EPIC versucht auf diese Weise Spieleentwickler so früh wie möglich an seine Engine heranzuführen und dann, wenn sie mit ihren Games auch Geld verdienen, daran zu partizipieren.
Dieses Konzept könnte aus meiner Sicht sogar aufgehen, da viele Einsteiger vor allem das Angebot einer zunächst kostenlosen Engine sehen. Das dieses aber auch Nachteile mitbringt, ist auf dem ersten Blick nicht so ersichtlich. Und wenn es sichtbar wird, sind die Entwickler mit der Engine schon so vertraut, dass ein Wechsel nicht so einfach in Frage kommt.
Für welche Spieleentwickler lohnt sich das neue Preiskonzept?
Für Entwickler, die entweder nur wenig verdienen oder ihre Einnahmen über viele kleine Games erhalten, die für sich einzeln betrachtet wenig einnehmen, kann diese neue Preisgestaltung sogar ein echt guter Deal sein.
Denn im besten Fall kann es sogar sein, dass man als Indie-Spieleentwickler keinen Cent bezahlen muss, aber trotzdem seinen Lebensunterhalt damit bestreiten kann. Dass hierbei allerdings der Verwaltungsaufwand recht hochwerden würde, ist eine andere Sache, auf die ich weiter unten noch zu sprechen komme.
Was wird bei der Gebührenberechnung berücksichtigt?
Schaut man in die Lizenz-Bedingungen von EPIC rein (Punkt 4), wird einem schnell klar wer bei dieser neuen Preispolitik nicht so günstig davon kommen wird.
Denn bei der Berechnung der zu zahlenden Gebühr von 5% werden alle Brutto-Einnahmen berücksichtigt, die mit dem Produkt generiert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob Ihr selber das Geld verdient oder ein anderer.
Beachtet, dass es sich die Berechnung wirklich auf die Brutto-Verkaufspreise bezieht. Solltet Ihr in einem App Store z.B. 30% des Umsatzes an den Betreiber abgegeben müssen, so beziehen sich die 5% auf den Endkundenpreis. Euch bleiben dann also nur noch 65%, auf die Ihr dann Eure Steuern zahlen dürft 😉
Achtung bei Kickstarter-Projekten!
Beachtet unbedingt, dass bei den Gebühren wirklich alle Einnahmen berücksichtigt werden, also nicht nur die reinen Verkaufserlöse. Es werden genauso die In App-Verkäufe, Werbeeinnahmen, Einnahmen durch Affiliate-Programme, Mikrotransaktionen, Zahlungen von Publishern und sogar Kickstarter-Einnahmen hinzugezogen.
Man höre und staune, aber der letzte Punkt Kickstartet wird sogar namentlich in den Bedingungen erwähnt. Jede Crowdfounding-Kampagne, die Ihr demnach für Spiele macht (die dann mit der Unreal Engine umgesetzt werden), fließen ebenfalls in die Gebührenberechnung rein.
Allerdings gibt es hier eine Sonderregelung: Die Gebühren fallen nur für die Gelder an, die sich direkt auf das Spiel beziehen (z.B. Zugang zum Spiel, In-Game-Items,…). Wird dem Backer durch den Geldbetrag z.B. der spätere Zugang zum Spiel erlaubt, sind Gebühren fällig. Gibt es für das Geld nur ein T-Shirt, so wird nichts fällig. Gibt es beides, so werden die Gebühren nur für den Geldanteil des Spiels fällig.
So gesehen ist es also vorteilhaft, wenn der Spielzugang bei den Kampagnen recht günstig ist und die anderen Gimicks dann teurer angesetzt werden 😉
Der Verwaltungsaufwand steigt
Da fragt man sich natürlich wie EPIC diese ganzen Daten erhalten will. Die Antwort ist recht einfach: die Spieleentwickler.
Aktuell ist es so, dass alle Gelder innerhalb von 45 Tagen nach Ende eines Jahresquartals gemeldet werden müssen. Das bedeutet, dass der Entwickler für jedes kommerzielle Projekt, das diese Grenzwerte erreicht, eine Statistik mit verschiedenen Daten erstellen muss, die er dann EPIC per E-Mail zusendet.
Derzeit listet EPIC folgende Informationen auf, die in dieser Statistik erscheinen sollen:
- Product Name
- Product Release Date
- Developer
- Publisher (if applicable)
- Platforms
- Advances Received
- Gross Revenue (quarterly and life to date)
- Sales by Number of Units
Das einzige was ich mich da noch frage, ist, wer das am Ende von EPIC alles auswerten soll. Das ist doch eine riesen Verwaltungsarbeit.
Zum Glück muss nicht jedes Spiel statistisch aufbereitet werden, sondern nur die erfolgreicheren. Aber selbst so wird das sicher eine ganze Menge Arbeit und vor allem E-Mails werden. Aber gut, das ist zum Glück nicht das Problem von uns Entwicklern 😉
Lohnt sich das?
Das neue Preiskonzept ist für Einsteiger sicher eine tolle Möglichkeit mit einer hochwertigen Game Engine zu experimentieren und die ersten Gehversuche zu machen. Und auch als Hobbyentwickler, der sich als Nebengewerbe ein paar Euros dazu verdient, ist dies eine gute Sache.
Sobald man aber wirklich ernsthaft damit ein Business aufbauen möchte, wird es teuer, zu teuer.
Angenommen ein Indie-Entwickler entwickelt alle seine Smartphone-Apps mit dieser Engine und verdient in einem App-Store 60.000 Euro abzüglich der Store-Gebühren. Insgesamt wären das aus Sicht von EPIC dann 85.714 Euro. Als Gebühren müsste der Entwickler dann 4285 Euro zahlen. Und das jedes Jahr.
Sicher ist meine Meinung als Unity-Nutzer natürlich nicht ganz neutral. Aber ich habe noch nie diese Lizenz-Modelle gemocht und ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Unity Technologies nicht auch noch auf diesen Zug aufspringen wird. Denn mir gefällt das Konzept überhaupt nicht.
Aber was haltet Ihr von diesem Preismodell? Arbeitet Ihr vielleicht schon mit der Engine oder wollt damit anfangen?
Als Selbständiger und Unity-Einsteiger treffen bei mir gerade beide Welten aufeinander. Zum einen finde ich die Preispolitik sehr interessant und locken schon zum Wechseln, gerade dann, wenn man wie ich damit anfange. Auf der anderen Seite muss ich dir wirklich Recht geben. Für kommerzielle Einsätze ist Unity wesentlich interessanter. Ich werde jedenfalls nicht wechseln, schon gar nicht nur weil da „kostenlos“ steht.
„Angenommen eine Indie-Entwickler entwickelt alle seine “ 🙂
@Simon Zum Glück brauchst Du Dir da jetzt keine Gedanken mehr darüber machen, denn Unity 5 ist seit heute mit all seinen (ehemaligen) Pro-Features komplett kostenlos (außer der Customizable Splash Screen) 🙂
@Alex Vielen Dank für den Hinweis, wird sofort korrigiert 😉
Also ich finde das Lizenzmodell von Unity immer noch besser als das von Epic. Diese 5% die sogar von Kickstarter abgegeben werden müssen, empfinde ich pers. sogar eher als Abzocke. Man hat noch nicht einmal was mit der Engine verdient und soll dann schon Kohle abdrücken? Hallo? Oder das mit App-Stores, man muss Geld abdrücken welches man nie gehabt hat? Wenn man seine Anwendung/Spiel in einem Store veröffentlicht, bekommt man doch nur das Geld abzgl. der Provision vom ursprünglichen Verkaufserlös ausgezahlt? D.h. also bspw. 5 Euro – Provision = Auszahlung. Man muss also 5% von den 5 Euro zahlen, wo Geld dabei ist, was man in diesem Fall nie hatte. Wie sagt Obelix immer? „Die spinnen, die EPIC Leute!“ *Vogel zeig*
Außerdem würde es mich pers. stören, immer wieder meine Gewinne offenzulegen, bzw. Unterlagen einreichen zu müssen, das geht letzten Endes niemanden etwas an.
Da ist das Lizenzmodell von Unity ganz klar das bessere, vor allem jetzt mit der neuen Version 5 Personal Edition, welche so fast alle Pro Features enthält, zumindest die Ingame Visuellen Dinge sollen wohl dabei sein. Unity greift einem Indie/Hobby Entwickler dermassen unter die Arme, dass ich es als eine Selbstverständlichkeit betrachte, bei einem Umsatz von mehr als 100k die Pro Version zu kaufen! Hätte ich ein oder mehrere Spiele die einen ähnlichen Umsatz machen würden, würde ich die Pro auch so kaufen, unabhängig davon die Pro kaufen zu „müssen“, aber das ist nur meine Einstellung. Ohne deren Engine keine Kohle, ganz einfach.
Hi Thomas, vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar, das freut mich 🙂 …Mir ist dieser Offenlegungszwang auch ein Dorn im Auge. Zudem ist der Verwaltungsaufwand auch für die Entwickler nicht zu unterschätzen. Denn auch selbst bei Spielen, die Du nicht melden musst, bist Du gezwungen zunächst einmal alles statistisch zu erfassen und auszuwerten. Da ist es doch wesentlich einfacher einmal im Jahr den Jahresumsatz aus der Einnahmenüberschussrechnung (oder der Bilanz) anzuschauen 😉
Ich hab mich mal vor einiger Zeit auf der Unity Seite umgesehen und hatte den Eindruck, dass man für alles mögliche bezahlen muss, bevor man damit wirklich was machen kann. Scheint ja nicht so zu sein, interessant..
Hi Mike,
ich vermute, dass Du Dich von den damals vielen Pro-Lizenzen irritieren hast lassen. Bisher war ledilgich eine Grundversion (inklusive Mobile-Plattformen) kostenlos und man musste für spezielle Editor-Funktionen extra zahlen. Diese Funktionen sind jetzt alle kostenlos, sodass man für die Engine nichts mehr (auch keine Umsatzbeteiligungen) bezahlen muss. Das ist schon echt nice 🙂
Zum einen finde ich die Preispolitik sehr interessant und locken schon zum Wechseln, gerade dann, wenn man wie ich damit anfange. Auf der anderen Seite muss ich dir wirklich Recht geben. Für kommerzielle Einsätze ist Unity wesentlich interessanter
Als Selbständiger und Unity-Einsteiger treffen bei mir gerade beide Welten aufeinander.